Sonntag, 18. Mai 2014

Die lateinischen Lesemeisterschaften

In Lateinien gibt es ein Kloster im tiefen Wald auf den Bergen, mit einer geheimen Baumhausbibliothek am Bergeshang. Dieses geheimnisvolle Kloster namens Skrypta ist bekannt für seine Ruhe, seine Abschottung von der Welt und dafür, dass die Schwestern und Brüder (In Einigkeit, dass Bücher die wichtigsten Dinge im Universum sind) sich hauptsächlich zwei Dingen widmen:
  1. Lesen
  2. Schreiben
Aber einmal im Jahr geschieht etwas Unglaubliches: Plötzlich erwacht das beschauliche, ruhige und kontemplative Kloster zum Leben. Es ist der Ort, wo die lateinische Lesemeisterschaften stattfinden! Plötzlich wird die stille Wiese, auf der nur ab und zu Schwestern und Brüder beim Lesen (und zugegeben auch bei Beschäftigungen sehr viel weltlicherer und körperlicherer Art ;)  aufzufinden sind, zum Turniersplatz, zur Arena, zu einem bunten Karneval. Die Herberge von Taldorf ist um diese Zeit meist voll ausgebucht und im Tal (einem Nebental des nichtexistenten Tals) breitet sich eine Zeltstadt aus, die sich vom einen Ende des Tals bis zum anderen erstreckt. Plötzlich wird auf der Wiese Zuckerwatte verkauft, Fahrgeschäfte werden für ein Woche aus dem Boden gestampft, es gibt Getränke und festliches Essen. Es ist wie ein Oktoberfest und in dem ganzen Trubel vergisst man gerne, worum es eigentlich geht:

Die lateinischen Lesemeisterschaften. Hoch oben auf dem Berg, im Klosterhof, wo sonst nur Ruhe herrscht, werden um diese Zeit große Holztribünen aufgestellt, um Platz für die vielen tausend Zuschauer zu bieten, die Jahr für Jahr herströmen, um sowohl die Brüder und Schwestern der Skrypta als auch viele andere erfahrene Meisterleser bei ihrem Wettkampf um die begehrteste Trophäe Lateiniens abzuräumen: Den Lateinischen Buchlesepokal. Begehrt deshalb, weil zum einen der Pokal von oben bis unten mit Büchern gefüllt ist, zum anderen, weil Lesen einer der Nationalsportarten Lateiniens ist und mit dem Pokal winken dem Sieger nicht nur Bücher sondern auch Ruhm und Reichtum. Ein Fussballspieler ist in Lateinien wenig wert, dagegen werden Lesemeister hochgeschätzt, selbst in den außergewöhnlichsten Disziplinen.

Um ins Finale zu kommen muss man die Disziplinen "Lesen kopfüber, egal wie", "Lesen auf einem Bein direkt am Abgrund" und "Lesen unter Wasser" -mit einem wasserfesten Buch -alle bestehen um schließlich zu der Königsdisziplin anzutreten: Hochgeschwindigkeitslesen bei Tempo 140. Dabei geht es darum, bei mindestens Tempo 140 in kürzester Zeit möglichst viele Bücher zu lesen. Die Wettbewerber werden dabei stets von Telepathen überwacht, die prüfen, ob man denn wirklich liest und nicht nur schummelt und die Seiten bloß umblättert. Kurze gedankliche Abschweifungen kommen auch vor und bringen den Wettbewerbern Punktabzüge in der Wertung. Da die Telepathen aber bereits in der Vorrunde sich als Schiedsrichter betätigen, kommen Schummler in der Regel nicht durch die Qualifikation. Die Schiedsrichter sind absolut unbestechlich, denn erst vor dem Wettbewerb wird ausgelost, welcher Schiedsrichter über welches Match entscheidet, und somit kann niemand wissen, wen er bestechen soll. Außerdem müssen die Schiedsrichter nach der Auslosung die Zeit bis zum Match in einer abgeschlossenen Kabine verbringen, um wirklich zu garantieren.

Die meisten Lesemeister werden hart für den Wettkampf trainiert und nur wer hochkonzentriert ist, ist in der Lage den Wettkampf in dieser Geschwindigkeit überhaupt zu bestehen. Es kommt sehr selten vor, dass jemand bei den Lesemeisterschaften stirbt, aber die Gefahr besteht dennoch. Ein Lesemeister kann auch im späteren Leben noch einer werden, aber in der Regel werden Junge Schwestern und Brüder in Skrypta schon sehr früh auf die Meisterschaften vorbereitet. Nicht alle Skryptaner nehmen in ihrem Leben an den Meisterschaften teil, aber alle von ihnen müssen das Lesen als Kunst perfektionieren, weshalb die Meisterschaften trotz vereinzelter Proteste zu Recht in Skrypta veranstaltet werden. Tatsächlich sind auch viele Teilnehmer der Lesemeisterschaften Nicht-Skryptaner und das Verhältnis von Siegern zwischen Skryptanern und Nicht-Skryptanern ist recht ausgeglichen. Es gibt viele Wanderlesemeister die unterwegs, oder in einsamen Berghütten, in der Stadt und an anderen Orten außerhalb von Skrypta Schülern die hohe Kunst des Lesens zu lehren -denn es gibt das einfach, gewöhnliche Lesen, das man in der Schule lernt, aber daneben noch eine hohe Kunst, eine Sportart, die nicht jeder beherrschen kann. Telepathen sind von den Meisterschaften ausgeschlossen, da sie als einzige in der Lage sind, die Schiedsrichter zu überlisten.

Die Dorfbewohner von Taldorf sind bodenständige und damit auch etwas misstrauische Menschen, die sich Jahr für Jahr immer darüber beklagen, Taldorf werde durch die vielen bunten Zelte verschandelt, dabei ist wohl die steigende Kriminalitätsrate wohl das größere Problem, denn Liktor Rufus, der in Taldorf stationiert ist, war jährlich heillos damit überfordert, die vielen Missverständniss und tatsächlichen Verbrechen aufzuklären, sodass er inzwischen jährlich seinen Urlaub in diese Zeit verlegt, was die Probleme selbstverständlich nicht löst. So verriegeln die Bewohner von Taldorf zur Zeit der Lesemeisterschaften immer alle Fensterläden, um jeglichen Diebstahl zu verhindern. Unordnung und Chaos sind sowieso an der Tagesordnung und wer ein sicheres Quartier sucht, findet es nicht in der Dorfherberge von Taldorf sondern hinter den Mauern von Skrypta, sofern man rechtzeitig ankommt und noch ein Zimmer frei ist, das nicht von den Teilnehmern der Lesemeisterschaften belegt ist.

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